Zitate
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
- Aufklärung
- Denken
- Leibniz
- Metaphysik
- Monopsychismus
- Newton
- Philosophie
- Platonismus
- Schwärmerei
- Seele
- Summum Bonum
- Transzendentalphilosophie
- Talmudisten
- Unsterblichkeit der Seele
- Wahrheit
- Würde
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Summum Bonum
"Das Summum bonum bestehet, man mag übrigens annehmen, was für ein moralisches System man immer will, in dem höchsten Grad der Thätigkeit, dieser ist aber nur in den Handlungen des reinen Verstandes und der reinen Vernunft anzutreffen, alle anderen menschliche Handlungen aber, enthalten mehr oder weniger passives in sich, je näher also ein Grad der Thätigkeit diesem Höchstem kommt, um desto mehr nutzt er, d.h. desto mehr Mittel ist er zu diesem Höchstem zu gelangen, sobald er aber diesen erreicht, so ist sein Nutzen unendlich, d.h. er hört auf zu nutzen, und wird der Zweck selbst, so wie z.B. die Tangente mit dem Bogen immer zunimmt, bis sie den höchsten Grad erreicht hat, alsdann aber hört sie auf Tangente zu sein."
("Ueber Wahrheit. Ein Brief des Hrn. S Maimon, an seinen edlen Freund L. in Berlin", in: Berlinisches Journal für Aufklärung, Bd. V/1, 1789, 82)
Aufklärung
"Dieser Fanatismus machte bey mir das Verlangen rege, nach Berlin zu reisen und den Rest des mir anklebenden Aberglaubens durch Aufklärung zu vernichten."
(Salomon Maimon's Lebensgeschichte, Berlin 1792, 292)
Metaphysik
"Unser denkendes Wesen (es sey was es wolle) fühlt sich als ein Bürger einer intelligiblen Welt; zwar ist nicht diese intelligible Welt, ja nicht einmal dieses denkende Wesen selbst, das Objekt seine Erkenntniß, aber doch weisen ihn selbst die sinnlichen Gegenstände auf die intelligiblen hin. Das Daseyn der Ideen im Gemüthe zeigt nothwendigerweise irgend einen Gebrauch an, und da dieser in der Sinnenwelt nicht anzutreffen ist: so müssen wir ihn in einer intelligiblen Welt, wo der Verstand durch die Formen selbst Gegenstände bestimmt, auf welche sich diese Ideen beziehen, aufsuchen. – Es kann sich daher mit den ersteren und mit seiner Art, dieselbe zu denken, nie befriedigen, wie der Prediger sagt: Die Seele wird nie voll (befriedigt). Es erkennt sich also von der einen Seite auf die sinnliche Welt eingeschränkt, von der andern Seite hingegen fühlt es in sich einen unwiderstehlichen Trieb, diese Schranken immer zu erweitern, und einen Übergang von der sinnlichen zur intelligiblen Welt (welches gewiß, die Politiker moegen sagen, was sie wollen, wichtiger als die Erfindung eines Weges nach Ostindien ist) ausfindig zu machen."
(Versuch über die Transscendentalphilosophie, Berlin 1790, 338-339)
menschlicher Trieb zu denken
"Wenn es wahr ist, daß jedes Wesen sich bestrebt, so viel an ihm ist, sein Daseyn zu verlängern, und das Daseyn eines denkenden Wesens (nach dem kartesianischen identischen Satz: cogito, ergo sum) im Denken besteht: so folgt hieraus ganz natürlich, daß jedes denkende Wesen sich bestreben muß, so viel an ihm ist, zu denken. Es ist nicht schwer, zu beweisen: daß alle menschlichen Triebe, in so fern sie menschliche Triebe sind, sich in dem einzigen Triebe zu denken auflösen lassen".
(Versuch über die Transscendentalphilosophie, Berlin 1790, 1)
Wahrheitsliebe
"Ich bin zwar kein großer Mann, kein Philosoph für die Welt, kein Possenreißer; habe auch in meinem Leben keine MandelMäse in die Luftpumpe ersticken keine Frösche auf die Tortur bringen, auch keine Männchen durch die Electrizität tanzen lassen. Aber was thut dieses zur Sache? ich liebe die Wahrheit, und wo es darauf ankommt, frage ich selbst nach dem Teufel und seiner Großmutter nicht.
Da ich nun die Wahrheit aufzusuchen, meine Nation, mein Vaterland und meine Familie verlassen habe, so kann man mir nicht zumuthen, daß ich geringfügiger Motiven halber, der Wahrheit etwas vergeben sollte.
Persönliche Feindschaft hege ich gegen niemand, wer aber ein Feind der Wahrheit ist, wer sein Ansehen beim Publikum dazu mißbraucht, dasselbe aus niedrigen Absichten irre zu führen, ist eo ipso mein Feind, sollte er auch übrigens mit mir in gar keinem besondern Verhältnß stehen; und ich werde keine Gelegenheit verabsämen dem Publicum sein Betragen in das rechte Licht zu stellen, er mag römischer Bischof, Professor, oder türkischer Sultan seyn."
(Salomon Maimon's Lebensgeschichte, Berlin 1793, [V])
Talmudisten
"Unsere Talmudisten (die gewiß zuweilen Gedanken geäussert haben, die eines Plato würdig sind) sagen: ‚Die Schüler der Weisheit finden keine Ruhe, weder in diesem noch in dem künftigen Leben;‘ worauf sie nach ihrer Weise die Worte des Psalmisten (84,8.) beziehen: sie wallen von Kraft zur Kraft, erscheinen vor der Allmacht in Zion."
(Versuch über die Transscendentalphilosophie, Berlin 1790, 444)
Identität von Denken und Gedachtem
"Im acht und sechzigsten Abschnitte [des Führers der Unschlüssigen] beweißt Maymonides sehr scharfsinnig den von den Philosophen behaupteten Satz, daß Gott, als vorstellendes Subjekt, seine Vorstellung, und das vorgestellte Objekt, eines und eben dasselbe sind, auf folgende Weise: Ehe der Mensch eine Vorstellung von etwas bekömmt, hat er bloß (in Beziehung auf dasselbe) ein Vorstellungsvermögen. Auch dieses Etwas, ehe ich es mir wirklich vorstelle, hat bloß die Fähigkeit ein Objekt der Vorstellung zu seyn. Bei dem wirklichen Vorstellen aber höret das Vorstellungsvermögen (in Beziehung auf dieses Objekt) auf, indem es in die Wirklichkeit dieser Vorstellung übergeht; und auch die Fähigkeit des Objekts, indem es wirklich vorgestellt wird. Die wirkliche Vorstellung ist zugleich das wirklich gewordene Vorstellungsvermögen, und die wirklich gewordene Fähigkeit des Objekts vorgestellt zu werden und also alle drei eins. Da nun in Gott kein Vermögen ist, sondern alles Vorstellbare (Mögliche) von ihm wirklich vorgestellt wird; so folgt hieraus daß Gott, als vorstellendes Subjekt, seine Vorstellungen und das vorgestellte Objekt, (welches nur analogisch mit einem endlichen Vorstellungsvermögen gedacht wird) eines und eben dasselbe sind. Worauf dieses führt, kann der denkende Leser leicht einsehn."
(Salomon Maimon's Lebensgeschichte, Berlin 1793, 61-62)
Unsterblichkeit der Seele
"Die Unsterblichkeit der Seele bestand bei mir (nach dem Maymonides) in der Vereinigung des in Ausübung gebrachten Theils des Erkenntnißvermögens mit dem allgemeinen Weltgeiste, dem Grade dieser Ausübung gemäß; so daß ich diesem zufolge, nur diejenigen, die sich mit Erkenntniß der ewigen Wahrheiten abgeben, in dem Grade, daß sie sich damit abgeben, dieser Unsterblichkeit theilhaftig hielt. Die Seele muß also mit Erlangung dieser hohen Unsterblichkeit, ihre Individualität verlieren".
(Salomon Maimon's Lebensgeschichte, Berlin 1793, 178)
Maimons Philosophie
"Ich war Anhänger aller philosophischen Systeme nach der Reihe gewesen, Peripatetiker, Spinozist, Leibnizianer, Kantianer, und endlich Skeptiker, und immer demjenigen System zugethan, welches ich zur Zeit für das einzige Wahre hielt. Endlich bemerkte ich, daß alle diese verschiedene Systeme etwas Wahres in sich enthalten, und in gewissen Rücksichten gleich brauchbar sind."
(Salomon Maimon's Lebensgeschichte, Berlin 1793, 270)
Transzendentalphilosophie
"Die Philosophie hingegen hat noch keine Brücke aufbauen können, wodurch der Uebergang vom Transzendentalen zum Besondern möglich gemacht würde."
(Salomon Maimon's Streifereien im Gebiete der Philosophie, Berlin 1793, 16)
Platonismus
"Die Darstellung eines Begriffs vermittelst eines Bildes ist in doppelter Rücksicht mangelhaft. In Rücksicht auf den Inhalt und in Rücksicht auf den Umfang des Begriffs, und doch wird der Begriff dadurch, sowohl in Ansehung der Bedeutung, als der daraus zu ziehenden (synthetischen) Folgen, völlig bestimmt dargestellt. Das Bild des Zirkels z.B. in meiner empirischen Zeichnung ist erstlich in Rücksicht des Inhalts mangelhaft, indem dieser Begriff eine unendliche Anzahl gleicher Linien, die aus eben dem Punkte ausgehen, voraussetzt, die also nie völlig dargestellt werden können. Zweitens in Ansehung des Umfangs, indem diese Darstellung individuell ist, und doch allgemein gelten soll. Setzt nun dieses Geheimniß unsers Erkenntnißvermögens nicht ein Erkenntnißvermögen voraus, dessen Darstellung nicht wie die unsrige, individuell, sondern speciell und völlig adäquat ist, von dem aus das Unsrige abstammt, und mit welchem es in allen seinen Operationen vereinigt ist? und ist also der Platonismus ungegründet?"
(Kritische Untersuchungen über den menschlichen Geist, Berlin 1797, 129)
platonische Ideen
"Hier muß ich mich gleich über die Art erklären, wie ich mir die berüchtigten Platonischen Ideen vorstelle. Wenn man die allgemeinen Begriffe nicht nur von dem empirischen Dasein der Objekte, worauf sie sich beziehen, sondern selbst von ihrem eigenen Dasein im Erkenntnißvermögen abstrahirt betrachtet, so erhält man die sogenannten Ideen. Ich denke mir z.B. den allgemeinen Begriff eines Zirkels, so finde ich hierin außer dem allgemeinen Begriffe noch manches Individuelle, nehmlich ich, als ein individuelles Subjekt zu einer gegebenen Zeit denke. Dieses Individuelle gehört nicht zum allgemeinen Begriffe des Zirkels, auch nicht zu seinem empirischen Dasein außer dem Erkenntnißvermögen, sondern zu seinem Dasein im Erkenntnißvermögen. Abstrahire ich also von diesem, so erhalte ich die Idee des Zirkels, die sich nicht mehr auf mein empirisches Ich, sondern auf das transscendentale Ich (Subjekt des Denkens überhaupt) bezieht."
(Kritische Untersuchungen über den menschlichen Geist, Berlin 1797, 291-292)
Newton
"Man scheint gleichsam zu vergessen, daß man durch Newtons Weltsystem mit weit beßrem Erfolg Krankheiten kurirt, als durch die Electricität, nemlich Krankheiten des Geistes."
("Ueber Wahrheit. Ein Brief des Hrn. S Maimon, an seinen edlen Freund L. in Berlin", in: Berlinisches Journal für Aufklärung, Bd. V/1, 1789, 84)
Leibniz
"Nach dem verbesserten Leibnizismus, dem ich beypflichte, aber [522] behaupte ich zwar mit Kant: daß die Vorstellung eines unendlichen Verstandes und folglich auf die beständige Näherung zu demselben eine bloße Idee ist. Da aber ich mit dem Plato behaupte, daß die Ideen die wahren Objekte des Verstandes sind; so ist diese Ausfüllung zwar bey uns etwas Unerreichbares, an sich aber doch etwas Mögliches. Es ist ein Desideratum, das in unserer Natur (ob wohl nicht die Erfüllung desselben) gegründet ist."
("Baco und Kant. Schreiben des H. S. Maimon an den Herausgeber dieses Journals", in: Berlinisches Journal für Aufklärung, Bd. VII/2, 1790, 121-122)
Monopsychismus
"Hieraus folgt daß alle Menschen, ja sogar alle denkenden Wesen üerhaupt einerlei Verstand und Vernunft haben; sie können in diesem Betrachte, nur in Ansehung der Objekte und der Grade dieser Wirkungen verschieden sein. Und selbst dieser Unterschied liegt nicht in den besondern Bestimmungen dieser Kräfte an sich, sondern in der Verschiedenheit des Stofs den die Sinne, und der Verbindungsart des Mannigfaltigen darin, die die Einbildungskraft dazu darbitet. [...] Diese höheren Seelenkräfte können also von einer Seelenarzneikunde gänzlich wegbleiben, weil sie an sich keiner Veränderung unterworfen sind."
("Ueber den Plan des Magazins zur Erfahrungsseelenkunde. Auszug aus einem Briefe an den Herausgeber, von Herrn Salomon Maimon", in: [Gnothi sauton] oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte, Bd. VIII/3, 1791, 5)
"Alle menschliche Seelen sind gleichsam verschiedene Ausflüsse aus einerlei Quelle, sie mögen daher in ihrem gegenwärtigen Zustande von einander noch so sehr entfernt seyn, so kommunizieren sie doch in ihrem Ursprunge mit einander; diese Kommunikation ist aber zwischen einigen Seelen mehr, zwischen andern weniger, nach dem Grade ihrer Aehnlichkeit untereinander. Die Wirkung dieser Kommunikazion wird aber hauptsächlich im Schlafe, da die Seelen zu ihrem Ursprunge zurückkehren (in der philosophischen Sprache würde es heissen: Da die innere Seelenwirkung durch die sinnlichen Eindrücke nicht mehr unterbrochen wird) und folglich unmittelbar einandern anschauen. [...] Wenn ich jetzt diese Sache reiflich überlege, so muß ich gestehn, daß, alle schwärmerischen Vorstellungen abgerechnet, in der Sache weit mehr stecken muß, als wovon unsre bisherige Psychologie Rechenschaft geben kann. Wie dieses in diesem Magazine [zur Erfahrungsseelenkunde] durch häufige Beispiele bestätigt wird."
("Revision der Erfahrungsseelenkunde. von Salamon [sic!] Maimon", in: [Gnothi Sauton] oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte, 1793, Bd. X/1, 10)
Würde des Menschen
"Vergebens wird man also die Würde des Menschen und seinen Rang vor den bloßen Thieren anderwärts suchen, als wo ihn Aristoteles gesucht und gefunden hat, im Denkvermögen. Ist es also Wunder, wenn ein Denker seiner Bestimmung als Mensch gemäß, die sogenannten wichtigen menschlichen Angelegenheiten dem Theologen, Politiker u.s.w. überläßt, und bloß seine Würde, als denkendes Thier zu behaupten sucht? Was soll man nun von Weltleuten, ja sogar von Gelehrten denken, welche die spekulative Wissenschaften bloß darum verachten, weil sie keinen unmittelbaren Nutzen im gemeinen Leben haben? Was würde ein Neuton, ein Leibnitz dazu sagen, wenn sie hören sollten, daß man ihre herrliche Erfindung (Differentialrechnung) nicht als einen Funken der Gottheit, als einen Adelsbrief, wodurch die hohe Abstammung des menschlichen Geistes von den reinen Intelligenzen bewiesen wird, sondern bloß des Nutzens wegen schätzen will, daß man dadurch (in der Artillerie) berechnen kann, wie man die größte mögliche Anzahl Menschen in der kürzesten Zeit tödten kann? Wer kann die Ausübung der Seelenkräfte an sich, sollte sie auch keinen andern Nutzen haben, unnütz nennen? und wer kann die mit dieser Ausübung verknüpfte Glückseligkeit wegraisonniren? Gewiß nur der, der sie nie genossen hat."
(Versuch einer neuen Logik, Berlin 1794, 266-267)
Schwärmerei
"Die Schwärmerei ist ein Trieb der produktiven Einbildungskraft (das Dichtungsvermögen,) Gegenstände die der Verstand, nach Erfahrungsgesetzten, für unbestimmt erklärt, zu bestimmen. So lang als man die Ideen dieser Art für nichts anders ausgiebt, als was sie sind, für Ideen, die blos zum regulativen Gebrauch unserer Erkenntniß bestimmt sind, ist man kein Schwärmer. Man wird es nur alsdann wenn man die Natur dieser Ideen verkennt, und reelle Objekte dadurch zu bestimmen sucht. Hier ist die Grenzscheidung zwischen Philosophie und Schwärmerei und der Uebergang von jener zu diese. Die Metaphysik überschreitet diese Grenze. Da sie aber ihre Objekte nur durch diese Ideen bestimmt, und keine diesen widersprechen Bestimmungen hinzudichtet, so ist sie gleichsam blos der Anfangspunkt der Schwärmerei, aber noch keine Schwärmerei. Aus der subjektiven Einheit des Bewußtseyns eine objektive Einheit der Seele, aus der Persönlichkeit in der Erkenntniß, Unsterblichkeit zu demonstriren, ist freilich ein Fehler im Denken. Aber so lange man der Seele (um sie näher zu bestimmen) keine diesen widersprechenden Bestimmungen hinzudichtet (das Flügen zum Himmel, das Essen und Trinken im Paradies u.d.g.) ist man noch kein Schwärmer, und so auch in andern Fällen."
("Ueber die Schwärmerei", in: [Gnothi Sauton] oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte, 1793, X/2, 45-46